6. August 2024

Stellt die Weichen auf Wachstum: Effektives Marketing für Start-ups

Solokarpfen_Sebastian_Wicke

Sebastian Wicke von Solokarpfen zeigt euch 6 Prinzipien, mit denen Start-ups ihr Marketing kurz- und langfristig erfolgreich ausrichten.

Marketing wirkt immer – das ist die gute Nachricht. Jede Kommunikation über ein Produkt oder eine Dienstleistung beeinflusst, wie potenzielle Kund:innen es wahrnehmen. Marketing beginnt bereits beim ersten Gespräch über eine Geschäftsidee und setzt sich fort in jeder Interaktion auf dem Markt, sei es durch direkten Kundenkontakt, über Social Media oder andere Kanäle.

Doch reicht es aus, wenn Marketing einfach nur „wirkt“? Die Effektivität eures Marketings hängt entscheidend davon ab, wie gut es euch gelingt, eure Angebote sofort verständlich zu machen, ihren Nutzen hervorzuheben und in der Wahrnehmung potenzieller Kund:innen als besser oder zumindest anders als die Produkte der Konkurrenz zu positionieren. Für Start-ups, die zunächst wenig bekannt sind und über begrenzte Ressourcen verfügen, ist es besonders wichtig, dass ihr Marketing nicht nur vorhanden ist, sondern auch zielgerichtet und effektiv.

Hier sind 6 Prinzipien, die euer Marketing von Anfang an leiten sollten.

1. Prinzip: Lasst euer Marketingteam wirklich vermarkten

Betrachtet Marketing als zentrales Element eurer Geschäftsstrategie. Es beschränkt sich nicht nur auf das Bewerben von Produkten, die Organisation von Events oder das Betreiben von SEO-Maßnahmen, sondern prägt die gesamte 4P-Strategie: Produkt, Preis, Placement und Promotion; und im Zusammenspiel den wichtigsten Treiber für nachhaltiges Wachstum – eure Marke.

Euer Marketing ist zudem der Ort, der das Wissen sowie die Daten über Bedarfe und Verhalten eurer Zielgruppen und Marktsegmente bündelt. Das Marketingteam sollte daher eng mit anderen Abteilungen wie Produktentwicklung, Vertrieb und Kundenservice zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass umfassende Marktkenntnisse und ein tiefes Kundenverständnis in alle Unternehmensbereiche einfließen.

Marketing übernimmt hierbei eine führende Rolle, die darauf ausgerichtet ist, die zentralen Unternehmensziele zu erreichen, indem sie Umsatz, Kundenbasis, Profitabilität und Marktanteil gezielt steigert. Nur wenn wir diese Ziele nachweislich mit unserem Marketingansatz erreichen, können wir von echter Effektivität sprechen.

2. Prinzip: Nutzt Sales Activation und Brand Building

Vielleicht wisst ihr, dass nur etwa 5 Prozent der potenziellen Kund:innen in einem Markt zu einem bestimmten Zeitpunkt kaufbereit sind (Current Demand). Diese Kund:innen haben einen bestimmten Bedarf und suchen aktiv nach Lösungen, sei es für persönlichen Konsum oder für geschäftliche Beschaffungen. Im Gegensatz dazu sind etwa 95 Prozent der Marktteilnehmer:innen zu diesem Zeitpunkt nicht aktiv auf der Suche nach Lösungen (Future Demand). Diese Gruppe wird aber in der Zukunft kaufbereit sein.

Für Marketer ist es entscheidend, den Unterschied zwischen Current Demand und Future Demand zu verstehen und zu erkennen, wie diese beiden Zustände miteinander zusammenhängen. Sobald Kaufbereitschaft bei den bisher nicht kaufbereiten Kund:innen entsteht – Future Demand wird zu Current Demand –, schalten diese oft basierend auf bereits vorhandenen Präferenzen, Erfahrungen und Empfehlungen in den Kaufmodus. In diesem Moment haben die meisten Menschen bereits zwei bis drei Anbieter oder Marken im Kopf, das sogenannte Relevant Set. Dieses Relevant Set bietet einen entscheidenden Vorteil, da es die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass diese Marken am Ende gekauft werden.

Für Start-ups ist es daher essentiell, sowohl die aktuelle Nachfrage effizient zu nutzen als auch langfristig in den Köpfen der Zielgruppe präsent zu sein, um in das Relevant Set aufgenommen zu werden. Dies erfordert eine ausgewogene Marketingstrategie, die Sales Activation und Brand Building kombiniert:

  • Sales Activation zielt darauf ab, die aktuelle Nachfrage effizient zu nutzen, indem potenzielle Kund:innen, die bereits kaufbereit sind, schnell und einfach zum Kauf bewegt werden. Maßnahmen hierfür umfassen die Optimierung der Auffindbarkeit, das Bereitstellen einer angenehmen Nutzer- und Verkaufserfahrung sowie die Minimierung von Kaufhindernissen durch effektive Conversion-Optimierung.
  • Brand Building ist darauf ausgerichtet, langfristig in den Köpfen der Zielgruppe präsent zu sein, sodass beim Entstehen eines Bedarfs automatisch an die Marke gedacht wird. Dies erfordert Sichtbarkeit, das Schaffen positiver Assoziationen und eine starke Markenpräsenz, um ins Relevant Set aufgenommen zu werden.

Studien zeigen, dass eine ausgewogene Kombination von Sales Activation und Brand Building langfristig zu bedeutenden Geschäftseffekten wie Umsatzsteigerung, Profitabilität und Marktanteilsgewinn führt. Dies kann für Start-ups bedeuten, zunächst mit Sales Activation schnelle Erfolge zu erzielen, während sie parallel dazu durch kreatives und gezieltes Brand Building die langfristige Markenstärke aufbauen.

Praxis-Tipp: Fokussiert euch auf die richtigen Category Entry Points

Category Entry Points sind ein effektives Konzept für Start-ups, um Brand Building gezielt anzugehen. Category Entry Points sind spezifische Situationen oder Bedarfsmomente, in denen bei potenziellen Kund:innen Kaufbereitschaft entsteht. Diese Momente können zeitlich geprägt sein, wie bei saisonalen Ereignissen, situativ, wie bei besonderen Anlässen, oder emotional, wie bei wichtigen Lebensveränderungen. Beispielsweise könnte ein Unternehmen genau dann über den Kauf einer neuen Software für E-Mail-Kommunikation nachdenken, wenn es seine Kommunikationsprozesse verbessern muss. Solche Momente bieten perfekte Gelegenheiten für Marken, sich in den Köpfen der Kund:innen zu etablieren.

Indem Start-ups die für ihr Produkt relevantesten Category Entry Points identifizieren, können sie ihre Marketingaktivitäten fokussieren und so sicherstellen, dass sie nicht nur sichtbar sind, sondern auch als relevante Lösung in den entscheidenden Momenten wahrgenommen werden. Dies hilft, Ressourcen effizient einzusetzen und die Marke in den Köpfen der Zielgruppe zu verankern, ohne Streuverluste zu riskieren.

3. Prinzip: Budgetiert wettbewerbsfähig

Viel hilft viel! Es ist die unbequeme Wahrheit, dass effektives Marketing oft mit den verfügbaren Ressourcen korreliert: Je mehr investiert werden kann, desto stärker ist in der Regel die Marketingwirkung. Für Start-ups, die typischerweise mit begrenzten Mitteln arbeiten, bedeutet dies eine Herausforderung, da sie nicht über die finanziellen Ressourcen großer Unternehmen verfügen. Entscheidend ist daher eine Konzentration auf die Marketingkanäle und -aktivitäten, die den größten Einfluss auf ihre spezifischen Business-Ziele und die besonderen Bedingungen ihres Marktes haben.

Ein wesentlicher Faktor dabei sind die Category Entry Points. Indem ihr euch auf jene Momente konzentriert, die die höchste Conversion-Wahrscheinlichkeit haben, maximiert ihr die Effektivität jedes investierten Euros. Habt ihr die passenden Category Entry Points gefunden, solltet ihr ausreichende Ressourcen und Budgets bereitstellen, um diese gegenüber euren Wettbewerbern zu besetzen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Balance zwischen Sales Activation und Brand Building. Anfangs mag es sinnvoll sein, einen größeren Teil des Budgets für Sales Activation einzusetzen, um schnelle Verkaufserfolge zu erzielen und das Überleben des Start-ups zu sichern. Über die Zeit hinweg sollte jedoch zunehmend in Brand Building investiert werden, um langfristige Kundenbeziehungen und Markenbekanntheit aufzubauen. Das Verhältnis ist abhängig von eurem Markt, tendenziell ergeben sich aber häufig Budget-Splits (Brand Building/Sales Activation) von 60/40 für B2C-Märkte und 50/50 für B2B-Märkte.

4. Prinzip: Positioniert, um zu gewinnen

Die richtige Positionierung ist für Start-ups von entscheidender Bedeutung, um sich in einem oft gesättigten Markt erfolgreich zu behaupten. Eine klare und konsistente Positionierung ermöglicht es einem Unternehmen, sich effektiv von Wettbewerbern abzuheben und eine starke Bindung zu den Zielkund:innen aufzubauen. Die Positionierung dient dabei als roter Faden für alle Unternehmensaktivitäten – von der Produktentwicklung bis zur Kommunikation.

Bei der Formulierung eurer Positionierung für das Marketing solltet ihr drei Kernpunkte beachten:

    1. Definition der Relative Value Proposition: Eure Positionierung sollte in einem Satz den wichtigsten Vorteil eures Produkts klarstellen. Dieser Vorteil muss nicht nur von euren Zielgruppen gewünscht sein (Value), sondern sollte auch besser oder zumindest anders als jener der Konkurrenz erbracht werden (Relative).

    2. Transformation in eine Geschichte: Eure Positionierung sollte austauschbare Produktmerkmale in eine leicht verständliche und ansprechende Story umwandeln.

    3. Spielraum für Kreativität: Die Positionierung sollte es ermöglichen, kreative Wege zu finden, um verschiedene Zielgruppentypen effektiv anzusprechen. Dies sollte sich nicht nur in eurem Brand Building und der Sales Activation widerspiegeln, sondern sich nahtlos in die gesamte Customer Experience integrieren.

Einige gute Beispiele:

  • HSBC: „The World’s Local Bank“ (B2B Banking)
  • Ritz Carlton: „Ladies and Gentlemen, serving Ladies and Gentlemen“ (Hotel)
  • Salesforce: „The Customer Company“ (SaaS)
5. Prinzip: Kreiert „distinctive Assets“

Ein zentrales Element effektiven Marketings sind „distinctive Assets“, also in eurem Markt einzigartige und wiedererkennbare Markenelemente, die eure Identität als Unternehmen prägen. Dazu gehören Logos, Slogans, ein charakteristischer Stil oder auch spezifische Sounds und Rituale, wie zum Beispiel:

  • Coca Cola: geschwungener Schriftzug und die spezifische Flaschenform.
  • Nike: „Just Do It“-Slogan und das Swoosh-Logo.
  • Apple: angebissener Apfel und das minimalistische Produktdesign.
  • McDonald’s: Golden Arches und das charakteristische „I’m lovin‘ it“-Jingle.

Diese Assets machen ein Unternehmen unverwechselbar und sorgen dafür, dass es in den Köpfen der Kunden präsent bleibt. Der strategische Einsatz dieser Assets in allen Marketingkanälen hilft euch, konsistent und effektiv zu kommunizieren – und so eine starke Marke aufzubauen.

6. Prinzip: Seid kreativ!

In einer Welt, in der wir täglich mit Werbebotschaften bombardiert werden, ist Kreativität der Schlüssel, um Aufmerksamkeit zu erregen und eine emotionale Verbindung aufzubauen. Sie ist nach der Markenbekanntheit der zweitwichtigste Treiber für Marketingeffektivität und spielt eine entscheidende Rolle dabei, ob ein Unternehmen sich im Gedächtnis der Konsumenten verankert oder unsichtbar bleibt.

Kreativität hilft, die strategisch entwickelte Positionierung und distinctive Assets eines Unternehmens auf eine Weise zum Leben zu erwecken, die nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam, neu und emotional ansprechend ist. Sie soll positive Assoziationen schaffen und dazu führen, dass sich Kund:innen in der Zukunft für ein Produkt oder eine Dienstleistung entscheiden, indem sie – meist unterbewusst – Verbindungen herstellt. Kreatives Marketing zeichnet sich durch seine Fähigkeit aus, überraschend, motivierend und empathisch zu wirken und dabei relevante Category Entry Points gezielt anzusprechen.

Kurz gesagt, Kreativität im Marketing ist nicht optional, sondern essentiell, um sich in einem wettbewerbsintensiven Umfeld durchzusetzen. Daten zeigen, dass ein großer Teil des B2C- und B2B-Marketings von den Zielgruppen als neutral und nicht ansprechend wahrgenommen wird. Das ist die Chance für euch als Start-ups, durch kreative Ansätze die Zielgruppe zu überzeugen und das Vertrauen der Kund:innen zu gewinnen.

Fazit: Marketing ist keine Frage – Marketing ist die Antwort

Marketing ist eine konstante Kraft, die von der ersten Idee bis zur fortlaufenden Interaktion mit dem Markt wirkt. Die Fähigkeit, die Wahrnehmung potenzieller Kund:innen zu formen, macht Marketing zu einem unverzichtbaren Werkzeug für jedes Unternehmen, ob Start-ups, Scale-up oder Corporates. Die wahre Frage ist nicht, ob Marketing wichtig ist, sondern wie ihr es effektiv einsetzt, um Wachstum und Erfolg zu fördern.
Die vorgestellten Prinzipien bilden eine Grundlage, um euer Produkt oder eure Dienstleistung klar und ansprechend zu kommunizieren, die Relevanz hervorzuheben und das Angebot als überlegen oder klar unterscheidbar gegenüber der Konkurrenz darzustellen. Für junge Unternehmen mit begrenzten Ressourcen ist es daher entscheidend, dass das Marketing nicht nur präsent ist, sondern dass ihr die Maßnahmen gezielt und strategisch ausrichtet.

Ein Gastbeitrag von Sebastian Wicke, Solokarpfen
sebastian.wicke@solokarpfen.de